Zander mit Paprikakraut
Der Advent ist ja eigentlich Fastenzeit. Heute merkt man natürlich vor lauter Schokonikoläusen und Lebkuchen und Abteilungsgänsebratenessen und Glühweinaufdemweihnachtsmarkttrinken nichts mehr davon, aber das mit den vorweihnachtlichen Exzessen war so ursprünglich nicht gedacht. Selbst bei Stollen handelte es sich bis zum 15. Jahrhundert um ein ziemlich freudloses Gebäck aus Wasser, Mehl, Hefe und Rüböl, bis die genussfreudigen sächsischen Kurfürsten den Papst inständig darum baten, wenigstens Butter dafür verwenden zu dürfen (unter anderem bei Petra Foede nachzulesen). Über die ersehnte Ausnahmegenehmigung mussten allerdings erst mehrere Päpste nachgrübeln, bis sie zwanzig Jahre später gewährt wurde.
Nicht, dass ich mir diese Zeiten wieder herbeisehne! Aber vielleicht hätte damals in der adventlichen Fastenzeit ein Fischgericht wie dieses (nur ohne Sahne natürlich!) den einen oder anderen Esser über den erzwungenen Fleischverzicht hinweggetröstet.
Wobei: Vermutlich wohl nicht. Wenn man manchmal liest, welche intellektuellen Verrenkungen im Mittelalter veranstaltet wurden, nur damit die Leute wenigstens das Gefühl haben konnten, Fleisch zwischen den Zähnen zu haben! Ob Otter oder Schweinswal wohl wirklich besser schmeckten als ein wirklich gut zubereiteter Steinköhler, Lachs oder Zander?
Das Absurde ist ja: Seit Fisch im christlichen Abendland nicht mehr als Fastenspeise und Instrument der Buße gilt, schmeckt er uns. Allerdings trauen wir uns kaum noch, welchen zu essen, weil die Meere bald leer gefischt sind. Bei den Süßwasserfischen ‒ zumindest bei manchen! ‒ sieht die Situation ein kleines bisschen weniger ernst aus. Deshalb finde ich es großartig, dass Peggy Schatz mit ihrem Ganzjahres-Blogevent auf multikulinarisch.es die „Süßen“ ein bisschen stärker ins Blickfeld rückt (und dass ich es geschafft habe, kurz vor knapp dann doch noch einen Beitrag beizusteuern). Eine Übersicht über die bisher eingereichten Rezepte gibt es hier.
Für viele klingt die Kombination von Fisch und Sauerkraut erst einmal ungewöhnlich, auch wenn sie unter anderem im Elsass wohl durchaus üblich ist. Aber dass Fisch gut mit Säure kann, ist eine Tatsache, für die schon viele Zitronen ihr Leben lassen mussten, um als kunstvoll aufgedrehte Scheibchen auf einem totfrittierten Fischkörper zu enden. Mit Sauerkraut funktioniert das auch (also natürlich nicht das Aufdrehen, sondern die Geschmackskombination), selbst wenn es wie hier schön paprikawürzig und sahnig daherkommt. Wir haben dazu im Ofen knusprig gebackene Kartoffelscheiben gegessen. Salzkartoffeln gehen aber auch.
- 1 kleine Zwiebel
- 1 EL Butter
- 1 EL edelsüßes Paprikapulver
- 1 Prise rosenscharfes Paprikapulver oder Piment d'Espelette
- 500 g Sauerkraut
- 1 TL Zucker + Zucker zum Abschmecken
- 2 Lorbeerblätter
- 100 ml Sahne
- Salz
- 300 g Zanderfilet (2 Stücke)
- Salz
- 1 EL Öl
- Für das Paprikakraut die Zwiebel schälen und fein würfeln. Die Butter in einem Topf schmelzen lassen und die Zwiebeln darin 5 Minuten bei schwacher bis mittlerer Hitze glasig dünsten.
- Die beiden Paprikapulver ganz kurz mitschwitzen (nicht zu lange und zu heiß; sie verbrennen leicht und werden dann bitter), dann das Sauerkraut mit 100 ml Wasser, Zucker und Lorbeerblättern zugeben und das Kraut 10 Minuten bei schwacher Hitze köcheln lassen. Die Sahne zugeben und alles weiterköcheln lassen, bis der Fisch fertig ist.
- Den Zander trocken tupfen, ertastbare Gräten herausziehen und die Filets salzen. Das Öl in einer Pfanne erhitzen und den Zander darin bei mittlerer Hitze 4 Minuten auf der Hautseite anbraten. Den Fisch wenden, auf der anderen Seite 2 Minuten braten.
- Das Sauerkraut, falls nötig, mit Salz und Pfeffer abschmecken und zu dem Fisch servieren.
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Ach, das ist herrlich. Sowohl der Fisch als auch das Kraut.
Was das „Fasten“ angeht, musste ich lächeln. Meine Mutter hat das früher immer freitags gemacht – es gab kein Fleisch, sondern Fisch oder eine Süßspeise. Wir essen so wenig Fleisch, dass ich auf diese Traditon verzichte. Aber mein Sohn tafelt neuerdings in der Schul-Mensa – und die halten es so. Freitags Fisch oder Mehlspeise.
Ach wie schön! Vielen lieben Dank für die Betrachtungen zum Thema Fisch und das feine Rezept. Fisch mit Sauerkraut hatte ich tatsächlich noch nie…
Die gute Nachricht ist, dass der Süßwasserfischevent noch paar Monate (vorauss. Mai od. Juni) weiter geht. Es sind einfach zu viele Fische für ein Jahr, die vorgestellt werden wollen. Demzufolge bin ich guter Hoffnung auf weitere genussvolle Rezepte von Dir… :-)
Danke für das Schmunzeln an so einem neblig trüben Dezembervormittag. :-) Den Zander auf dem Rahmkraut nehme ich gern mit!
Und was die anderen Freuden der Adventszeit angeht: wir erhielten gestern ein ca. 5 kg schweres Paket von den Schwiegereltern, Nürnberger Lebkuchenallerlei – ich war gerade dabei den Teig für die zweite Fuhre Elisenlebkuchen anzurühren, versteh einer die Schwiegerletern. Herr H. meinte, dass sei so, wie einem Bäcker zu Weihnachten Brötchen zu schenken…
@Susanne: Genau, so kenne ich das auch von früher – freitags Fisch oder süß. Und ich glaube, es gibt noch viele Kantinen/Mensen, die sich daran bis heute halten, mehr so aus vager Tradition als wegen religiöser Überlegungen. Ich musste da so oft während der Veggie-Day-Debatte dran denken: Viele merken gar nicht, dass es einen fleischfreien Tag in vielen Kantinen ja längst gibt! (Auch wenn Fisch natürlich nicht im Sinne des Veggie Day wäre, aber in den Protesten ging’s ja immer nur um das heiß geliebte Schnitzel oder die Currywurst.)
@multikulinaria: Das sind ja gute Nachrichten! Dann bleibt das Banner auch erst mal in der Seitenleiste stehen. Bestimmt fällt mir noch was ein.
@Eva: Na ja, der Gedanke war sicher, dass Ihr Euch beim anstrengenden Backen zwischendurch stärken müsst, um nicht vom Fleisch zu fallen! ;-)
Ich habe erst kürzlich so etwas in der Art im Pegelhaus in Koblenz gegessen. Fisch (ich glaube es war Wels) mit einer Kruste aus Zwiebeln, Bier und Senf auf Rahmsauerkraut. Seeehr lecker – ich habe jedenfalls keinen Gedanken an Fastenzeit verschwendet. Aber du hast schon recht, ein bisschen mehr Bewusstsein (und damit einhergehend dann bewussteres genießen für das was da ist) würde sicher nicht schaden. Vieles ist einfach überfrachtet. Und die Adventssonntage sind ja immerhin auch offiziell ausgenommen ;-)
Mit Wels kann ich mir das auch sehr gut vorstellen! Und mit Kruste … mmh! Na ja, ein Plädoyer für die Fastenzeit sollte das auch nicht sein, zumal ja Fisch inzwischen fast eher Fest- als Fastenessen ist. Bald ist sie ohnehin vorbei, die Fastenzeit! ;-)