Warmer Waldorfsalat und Grüße aus Marseille
Mir scheint die Sonne auf den Schreibtisch. Gegenüber spaziert eine Katze über ein rotes Ziegeldach, blaue Fensterläden strahlen vor der gelben Hauswand, im Hof zeigt eine Bougainvillea letzte (oder erste?) lila Blüten und die Wäsche hängt draußen. Herzliche Grüße aus Marseille!
Dieses Jahr wollte ich einfach mal etwas anders machen. Statt wie in den letzten Jahren zwischen Januar und März in einem schwarzgrauen Winterdepressionsloch zu sitzen, habe ich meinen Koffer gepackt, den Laptop unter den Arm geklemmt und bin in Richtung Süden gefahren. Hier habe ich nun für die nächsten Wochen mein Büro aufgeschlagen und arbeite meine Aufträge eben am Mittelmeer ab. Daneben hoffe ich natürlich, dass mich die Inspiration der anderen Umgebung auf neue Ideen bringt. Na ja, und dass ich mein Französisch ein bisschen aufpolieren kann. Ich bin gespannt!
Das mit der inspirierenden Umgebung hat jedenfalls schon mal geklappt. Marseille gefällt mir richtig gut: groß, vielfältig und dabei irgendwie gelassen. Keine aufgehübschte Touristenstadt, sondern eine Hafenstadt, in der Menschen aus ziemlich vielen Himmelsrichtungen mit ihren Traditionen, ihren Träumen und ihren Problemen leben. Es gibt bunte Ecken, es gibt schmutzige Ecken, und vor allem gibt es viel zu erkunden. Und das habe ich vor.
Streetart im Viertel La Plaine, Marseille („mein“ Viertel für die nächsten viereinhalb Wochen).
Die Kirche Notre Dame de la Garde, die auf den alten Hafen von Marseille herabschaut.
Ein Gewürzladen in der Rue d’Aubagne, in der ivorische und senegalesische Restaurants, Trödelläden und tunesisch-algerisch-marokkanische Lebensmittelgeschäfte nebeneinander liegen.
Und weil ich so viel Neues angucken (und ganz nebenbei ja auch noch arbeiten) muss, ist das Kochen bisher ein bisschen kurz gekommen. Zumal ich mich in der Küche meines Vermieters und Mitbewohners ja auch erst einmal zurechtfinden muss. Dabei habe ich sogar schon zwei wirklich schöne Märkte entdeckt! (Über die werde ich aber noch separat schreiben.)
Ein schnelles und einfaches Rezept habe ich euch heute trotzdem mitgebracht: eine warme Variante des Waldorfsalats. Diesen Klassiker mag ich unglaublich gerne, auch wenn ich ihn meistens auf deutsche Art mit Knollensellerie mache. Eine meiner Lieblingsverwertungen für dieses knurzelige Wintergemüse mit dem nussigen Geschmack! In Frankreich liegt statt Knollen- aber nun Staudensellerie in den Geschäften, und das entspricht ja auch eher dem Original des Salats, wie er im New Yorker Waldorf-Astoria-Hotel erfunden wurde.
Warm ist mein Salat deshalb geworden, weil auch hier trotz der südlichen Sonne natürlich Winter ist. In meinen ersten Tagen pustete auch der Mistral ganz schön kräftig. Kein Wetter für leichte Sommersalate! Also habe ich den Sellerie einfach gedünstet, und siehe da: Auch zu warmem Sellerie passen Apfel und Nüsse ganz hervorragend! Eine zusätzliche herzhafte Note gibt hier der Räuchertofu. Ich habe den Salat mit etwas frischem Baguette gleich aus der Schüssel gegessen.
Nachdem ich für diesen Salat mit großem Kraftaufwand den Sellerie zermetzelt hatte, bin ich übrigens losgegangen, um für meine temporäre Küche erst mal ordentliche Messer zu kaufen …
- 4 Stangen Staudensellerie
- 1 Apfel (besonders hübsch, wenn er rote Bäckchen hat)
- 2 EL Olivenöl
- Salz | schwarzer Pfeffer
- 1 EL Apfelessig
- 1 Handvoll Walnusskerne (bei mir: Wal- und Haselnüsse)
- 100 g Räuchertofu (bei mir: Räuchertofu mit Sesam)
- Den Sellerie waschen, putzen und falls nötig entfädeln (ich ziehe einfach immer nur die Fäden ab, die sich beim Schneiden als widerspenstig herausstellen). Die Stangen in dünne Scheiben schneiden, etwas von dem Grün hacken. Den Apfel waschen, vierteln, das Kerngehäuse entfernen und die Viertel in dünne Scheiben schneiden.
- Das Olivenöl in einer Pfanne erhitzen. Den Sellerie zugeben, salzen und pfeffern und bei mittlerer Hitze 5 Minuten andünsten, dabei gelegentlich umrühren. Nach 5 Minuten die Apfelstücke und den Essig zugeben und weitere 5–7 Minuten mitdünsten, bis Sellerie und Apfel weich, aber nicht zerfallen sind. 1 Minute vor Ende der Garzeit das gehackte Selleriegrün unterheben.
- In der Zwischenzeit die Nüsse grob hacken und den Tofu fein würfeln (oder zerbröseln).
- Den Pfanneninhalt in eine Schüssel umfüllen, mit Salz und Pfeffer abschmecken und mit Nüssen und Tofu bestreuen. Sofort servieren.
- Fremdgebloggt: Über die Kunst, Kochbücher zu übersetzen
- Pflück-Glück, mediterrane Edition: Ich sammle … Ackerlauch
Oh was für eine coole Idee! Dann viel Spaß in Marseille!
Danke schön!
Das ist schön, dass Du Deinen Arbeitsort verlegen kannst! Viel Freude und Inspiration Dir!
Ich gebe zu, das ist der Luxus des Freiberuflerinnendaseins (also, in meinem Bereich). Das ja in puncto Sicherheit etc. auch so manchen Nachteil hat. Aber ich dachte, man kann ja die Vorteile mal ein bisschen stärker nutzen. :-)
Gibt es den Tierfreitag denn noch?
Ich beneide dicg, dass du dir einfach so einen schönen Arbeitsplatz aussuchen kannst
Ich glaub schon, dass es den Tierfreitag noch gibt. Katha hat schon länger nichts mehr nachgetragen, aber die Liste ist ja immer noch online. Und ich finde, es schadet nichts, gelegentlich auf einen solchen Schatz an tierfreien Rezepten zu verlinken.
Liebe Sabine,
das finde ich richtig, richtig gut, dass du dich aufgemacht hast und deinen Alltag kurzerhand für ein paar Wochen in ein anderes Bühnenbild verlagerst! Bestimmt findest du dort an jeder Straßenecke frische Inspi – sehr toll. Ich bin auch nur ein winziges bisschen neidisch, der Rest von mir wünscht dir eine fantastische Zeit mit vielen Erlebnissen, Entdeckungen und neuen Ideen.
Alles Gute für dich, hab‘ eine feine Zeit in Marseille!
Ganz herzlichen Dank, liebe Barbara!