Seelenfutter-Traum in Rosa: Sahnige Rote-Bete-Sauce zu Nudeln
Liebe Pasta-Profis und Fanatiker der wahren italienischen Küche: Ihr müsst jetzt sehr stark sein. Oder am besten gleich woanders hinklicken. Hier gibt’s nämlich heute Seelenfutter ‒ unter völliger Missachtung sämtlicher Grundsätze von Authentizität und Ästhetik. Immer noch da? Dann habt Ihr es nicht anders gewollt.
Dass mein persönliches Rettet-den-Tag-Gericht wickelbare Nudeln in sahniger Sauce sind, habe ich schon mehrmals durchklingen lassen. Dass dem spontanen Bedürfnis nach kulinarischen Tröstungen mitunter wertvolle kulinarische Prinzipien zum Opfer fallen, ergibt sich daraus schon fast automatisch: Was, die tolle Rote Bete mit Grün (also: Rotgrün) vom Markt sollte gegessen werden, solange die Blätter noch nicht total schlapp sind? Mir ist aber nach Nudeln in Sahnesauce! Na, dann gibt’s doch einfach … Rote Bete in sahniger Sauce. Aber unbedingt zu Linguine (notfalls: Tagliatelle oder Spaghetti). Auch wenn stückiges Gemüse nach allen Regeln der Pastakombinationskunst zu kurzen Nudeln gehört. Mir doch egal.
Warum ich das hier offenbare? Zum einen, weil das Gericht, das aus der heutigen Rote-Bete-Nudeljieper-Situation entstand, unbedingt bewahrens- und nachkochwert ist. Zum anderen, weil ich damit noch meinen persönlichen Seelentröster zu meinem eigenen Event beisteuern möchte. Und zum Dritten, weil ich mal ein paar lobende Worte über die Rote Bete loswerden möchte.
Rote Bete gehört ja eher zu den ungeliebteren Gemüsen. Dabei hat sie einen unschätzbaren Wettbewerbsvorteil: ihre wunderbare Farbe. Gerade an grauen Herbst- und Wintertagen. Sie hat aber auch einen nicht zu unterschätzenden Wettbewerbsnachteil: ihre schwierige Farbe.
Klar, es gibt vermutlich viele Leute, die jetzt rufen: Nein, der Stein des Anstoßes ist der erdige Geschmack! Wer sich dem Gemüse aber bereits mutig angenähert hat, dürfte bestätigen, dass diese … spezielle Note nach einer Weile kaum noch ins Gewicht fällt (vielleicht wird die auch weggezüchtet?). Viel entscheidender sind dann die Süße der Rübe, die besonders beim Ofenbacken hervortritt, und ihre sonstige vornehme Zurückhaltung in Sachen Aroma, die es ermöglichst, sie gewinnbringend mit allem Möglichen zu kombinieren.
Und das würden Rezeptautorinnen und Köche, Bloggerinnen und Kochbuchschreiberlinge sicherlich auch viel öfter nutzen, wäre da nicht ‒ na ja, die Farbe halt, die es zur echten Herausforderung macht, ein appetitliches Bild zum Rezept zu produzieren. Es geht noch so gerade, wenn man die Rote Bete getrennt von allen übrigen Zutaten zubereitet und erst auf dem Teller nach dem Prinzip des größtmöglichen Kontrastes (Ziegenkäse, Petersilie) anrichtet. Kocht man aber andere Zutaten mit diesem Farbwunder, dann wird das resultierende Gericht ein bestenfalls purpurroter, schlimmstenfalls rosafarbener Einheitsbrei. (Ich sach nur: Labskaus!)
Quod erat demonstrandum. Geschmacklich zumindest hatte aber das heutige Abendessen Vielfalt zu bieten: Ich mag den Kontrast der süßen Rote-Bete-Sanftheit (die ich zusätzlich mit einer Prise Zucker unterstützt habe) mit der säuerlich-scharfen Note von Senf. Ach, Senf mag ich sowieso. Damit aber die Rote-Bete nicht nur einfach süß ist, habe ich Rosmarin genutzt, um die herb-erdigen Töne wieder hervorzukitzeln. Das Sahnige wiederum passte prima zum Blattgrün.
Ja, Rote-Bete-Blätter kann man essen. Sie erinnern am ehesten an Mangoldblätter und lassen sich auch genauso nutzen. Dazu muss man sie allerdings mal bekommen. Im Moment ist das noch möglich, aber bald sind die Zeiten vorbei, in denen die Rote Bete frisch am Grün aus dem Boden gezogen wird. Dann gibt es über Monate hinweg Lagerware. Aber auch für die bin ich dankbar. Rote Bete ist schließlich ein Farbklecks in der Winterküche. Und es gibt eine Menge, was man mit diesem Gemüse anstellen kann. Nur das Fotografieren, das bleibt schwierig.
- 1 Zwiebel
- 3 kleine Rote Beten mit Stängeln und Grün (falls vorhanden; anderenfalls 4 Rote Beten verwenden)
- 3 Rosmarinzweige
- 1 EL Butter
- 1 TL Zucker
- Salz, Pfeffer
- 300 g Nudeln (z. B. Tagliatelle oder Linguine)
- 150 ml Sahne
- 2 TL körniger Senf
- 2 TL mittelscharfer Senf
- Die Zwiebel schälen und fein würfeln. Stängel und Grün von den Roten Beten abschneiden, waschen und trocken schütteln. Die Roten Beten schälen, vierteln und in dünne Scheibchen schneiden. Die Stängel in ca. 2 cm lange Stücke schneiden. Die Blätter getrennt davon in Streifen schneiden, dabei vergilbte Stellen entfernen. Die Rosmarinnadeln von den Zweigen streifen und fein hacken.
- Die Butter in einer hohen Pfanne oder einem weiten Topf schmelzen lassen und die Zwiebelwürfel darin glasig schwitzen. Den Zucker über die Zwiebelwürfel streuen, kurz karamellisieren lassen und die Rote-Bete-Scheibchen, die Stängelstücke und den Rosmarin zugeben. Alles salzen, pfeffern und bei schwacher bis mittlerer Hitze 10 Min. dünsten lassen.
- Inzwischen die Nudeln in reichlich Salzwasser nach Packungsangabe bissfest garen.
- Die Sahne mit den beiden Senfsorten verrühren und mit 50 ml Wasser 3 Min. vor Garzeitende der Nudeln zum Gemüse gießen. Aufkochen lassen, die Blattstreifen unterrühren und zusammenfallen lassen. Das Gemüse mit Salz und Pfeffer abschmecken.
- Die Nudeln abgießen, abtropfen lassen und mit dem Gemüse servieren.
- Schwiegermutters Kochkunst: Warum uns vertrauter Geschmack so wichtig ist
- Seelenfutter-Gewinner
Ich gehöre zu den Rote-Bete-Fans….die poppige Sauce zu den Nudeln muss ich einmal ausprobieren.
Au ja, mach das! Und erzähl gerne, wie sie Dir geschmeckt hat.
Toll, ein Rote-Bete-Rezept passend zur wetterbedingten Kohlenhydrate-Sehnsucht! Ich esse zwar wahnsinnig gerne Rote Bete in jeder Form, aber die Farbe! Mein Lieblingsgericht war bisher ein Rote-Bete-Risotto, aber eigentlich muss man das mit geschlossenen Augen essen. Ich mag einfach kein Rosa, weder bei Kleidung, noch beim Essen. Ich habe mal irgendwo den Tipp gelesen, zum Risotto roten Reis zu verwenden, aber wo bekommt man den, wenn man nicht in einer Großstadt wohnt. Und dann wäre da noch mein persönlicher Beitrag zum Welthungertag: möglichst keine Lebensmittel fortwerfen. Da sollte man als Single auf große Vorräte verzichten, weil dann auch haltbare Lebensmittel in Gefahr stehen, muffig zu werden oder den ungeliebten kleinen Tierchen zum Opfer zu fallen, die sich an jahrelang in dritter Reihe stehenden angebrochenen Lebensmitteltüten gütlich tun. Wenn man zu den spontanen Genussköchinnen gehört, die auch sehr gerne Neues ausprobieren, ist dieser Verzicht eine echte Herausforderung! Aber ich finde, auch nicht mehr duftende, weil zu alt gewordene Gewürze, muffiges Mehl, von Lebensmittelmotten heimgesuchte Teigwaren oder Hülsenfrüchte, die dann weggeworfen werden müssen (ganz zu schweigen von den pelzigen Kühlschrankresten), tragen zur Verschwendung von Lebensmitteln bei, der ich als bewusste Verbraucherin entgegentreten will. Zurück zur Roten Bete: Die gibts heute bei mir, ich habe noch welche im TK-Fach. Natürlich ohne Grün. Aber den Senf zur Soße habe ich da, der eignet sich ja prächtig zur großen Bevorratung. Wobei der bei mir keine Chance hat, alt zu werden, ich liiiebe Senf, in fast allen Sorten.
Ach ja, die Reste … Ich muss auch mal wieder eine Liste von all den Vorräten machen, die ich so habe, um sie mal systematisch kochend abzubauen. Allerdings stelle ich mir in Sachen Rote-Bete-Risotto den Unterschied zwischen weißem und rotem Reis nicht so entscheidend vor. Nachher ist doch eh alles rot! Bei Senf kann ich übrigens bei mir nicht wirklich von Vorratshaltung sprechen. Dazu ist der immer zu schnell weg.
Ich liebe sie auch, die Beete. :-) Und Frevel ist etwas nur, wenn man sich von gängigen Meinungen etwas sagen lässt. Ich finde: erlaubt ist, was schmeckt und ich hätte von diesen köstlichen Nudeln gestern Abend gern einen Teller voll gehabt. Unser Essen war erst um 22h fertig und da hatte ich schon fast keinen Hunger mehr…
Hi Eva, na, dann wärst Du bei uns ja beinahe eine Stunde früher zum Zuge gekommen … Tja, im Spätessen sind wir auch Experten.
Zum Rote-Bete-Risotto: Leider ist bei der Verwendung von weißem Reis hinterher alles rosa (nicht rot) – und, wie gesagt, Rosa ist nicht meine Farbe. Aber, Rückmeldung zum heutigen Rezept: lecker, lecker, lecker! Dazu die schöne tiefrote Farbe, jedenfalls, wenn die Sahne dann mal eingekocht ist.
Wow, das war ja der Nachkoch-Turbo! Freut mich, dass es geschmeckt hat.
Hihi, erinnert mich an mein Rosatto (Risotto mit Kornelkirschen). Ein Alpttraum in pink…
Rote Bete mag ich sehr gern. Mit Nudeln habe ich sie noch nie kombiniert. Überhaupt bin ich bei Nudeln etwas schmalspurig. Außer Pesto, Pilzen, Gehacktem und natürlich Tomatensoße lass ich selten was Anderes an sie ran. Käme aber auf einen Versuch an!
Oh, das Rosatto muss ich mal angucken gehen! In Sachen Nudeln bin ich ja kompromisslos: Die gehen zu allem. Was aber eben auch daran liegt, dass sie bei mir immer, immer wieder als Seelenfutter herhalten müssen.
Ein feiner Tipp. Habe das neulich so ähnlich nachgekocht, nur ohne Sahne, Senf und Rosmarin, dafür mit einer Messerspitze Honig statt Zucker. Das ist schon ein großartiges Gemüse. Taugt für viel mehr als für’n Heringsstipp.
Ach, das freut ich, Sven! Ich finde Rote Bete ja auch großartig. Sogar im Heringssalat. ;-)