Lesebrösel: Essen gegen Depri-Stimmung
Bei mir haben sich ein paar interessante Links und Artikel angesammelt ‒ höchste Zeit, mal wieder eine Ausgabe Lesebrösel auf den Weg zu bringen. Und weil das schöne Frühlingswetter gute Laune macht, darf es hier um schlechte ebensolche gehen, ohne dass ich Angst haben muss, meinen Leserinnen und Lesern den schwarzen Hund* auf den Hals zu schicken.
Mit Himbeeren und Haferflocken ins Glück?
In ihrem Buch Mood Food* klamüsert die Ernährungswissenschaftlerin Andrea Flemmer genau auseinander, welche Inhaltsstoffe unseres Essens wie auf die Psyche wirken. Das ist durchaus interessant und auch für Nicht-Fachleute gut zu lesen ‒ aber am Ende bleiben doch leise Zweifel zurück, ob es nun wirklich möglich ist, sich im rein physischen Sinne glücklich zu essen. Zu gering sind in der Regel die Mengen wirkungsvoller Substanzen, die wir mit der Nahrung aufnehmen, und zu kompliziert die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Stoffen (das vielgepriesene Tryptophan beispielsweise, das über bestimmte Stoffwechselumwege die Bildung des „Glückshormons“ Serotonin ankurbeln soll, gelangt überhaupt nur ins Hirn, wenn nicht lauter andere Eiweißstoffe gleichzeitig dorthin wollen). Was bleibt, sind etliche interessante Fakten (wie die Information, dass schon der Duft nach Vanille die Lust auf Süßes befriedigen kann) und die Erkenntnis, dass Flemmers Ernährungsempfehlungen frappierende Ähnlichkeit mit den altbekannten Ratschlägen haben: viel Obst und Gemüse, komplexe Kohlenhydrate (Vollkorn!), regelmäßig fetter Fisch und gerne auch mal Schokolade ‒ aber möglichst dunkle, und dann nur stückchenweise.
Schokolade wirkt. Nur: warum?
Klar, dass Schokolade eine wichtige Rolle spielt, wenn’s um miese Laune geht. Viele schwören darauf, dass der Griff zur Süßigkeit Frust lindern kann, und in diesem Zusammenhang wird immer wieder von den geheimnisvollen Inhaltsstoffen der Schokolade gesprochen, vor allem dem „göttlichen“ Theobromin (griechisch theos: Gott; broma: Speise). Der Psychologe Michael Macht hält allerdings andere Aspekte für viel relevanter als irgendwelche Substanzen, deren Wirkung ja ziemlich zeitverzögert einsetzt: die unmittelbare Befriedigung durch den Geschmack beispielsweise. Er zitiert dazu eine Studie, in der Testpersonen bei Schokoladenjieper entweder Milchschokolade, weiße Schokolade, Kakaokapseln oder Placebokapseln gegeben wurden. Am befriedigendsten fanden sie die Milchschokolade – so weit keine Überraschung. Aber danach kam direkt die weiße Schokolade, und die enthält keinen der Stoffe, der normalerweise für die stimmungsaufhellende Wirkung von Schokolade verantwortlich gemacht werden ‒ allerdings schmeckt sie ebenfalls befriedigend süß-schmelzend. Die Kakaokapsel dagegen war trotz ihrer hochgelobten Inhaltsstoffe wirkungslos.
Und was schließen wir daraus? Wenn Lebensmittel auf die Stimmung wirken, dann vermutlich eher, weil sie gut schmecken oder positiv aufgeladen sind.
Fettes Risiko
Wird denn umgekehrt ein Schuh draus? Kann die falsche Ernährung depressiv machen? Zumindest gibt es Hinweise darauf, dass minderwertige Fette die Neigung zu Depressionen fördern können. Solche Transfette verstecken sich häufig in billigen Industrielebensmitteln. Ach ja, und häufig in Berlinern, Pfannkuchen, Krapfen, die ja gerade Hochsaison haben. Wie gut, dass nicht das ganze Jahr Karneval ist!
Selbst backen statt Berliner kaufen
Wer sich dagegen an den Ofen stellt und statt Krapfen Brot backt, der darf offenbar tatsächlich darauf hoffen, dass sich dadurch die Stimmung verbessert. Dafür hat jedenfalls eine britische Brotbackkampagne Belege gesammelt: Demnach wird Brotbacken als ergotherapeutische Maßnahme mit gutem Erfolg bei Depressionen eingesetzt, aber auch bei anderen psychischen Störungen und bei Demenz. Backen erfordert Konzentration und körperliche Aktivität, man verfolgt ein Ziel, wird durch ein sinnlich erfahrbares Ergebnis belohnt (nun ja: meistens), und der Duft weckt in der Regel positive Erinnerungen.
Unglückskeks gefällig?
Das alles gilt natürlich nicht nur fürs Brotbacken. Und so ist es nur folgerichtig, dass eine Organisation mit Backwerk auf das Thema Depressionen aufmerksam macht: The Depressed Cake Shop. Die „deprimierten Konditoreien“ sind Pop-up-Stores, also nur für eine begrenzte Zeit geöffnet, und sie unterscheiden sich von der allgegenwärtigen rosa Cupcake- und Cakepop-Seligkeit dadurch, dass sie ausschließlich graues Gebäck verkaufen (ein paar eindrucksvolle Fotos von depressiv stimmenden Keksen und Törtchen gibt es hier). Die Erlöse werden an gemeinnützige Organisationen gespendet, die depressiven Menschen helfen. Aufmerksamkeit ist dem Thema Depressionen damit jedenfalls gewiss!
- Geburtstagsklassiker in üppig: Marmorkuchen
- Brotaufstrich des Monats März: Die doppelte Petersilie