Heiligabendtraditionen und Hering in Senf-Dill-Sauce

Traditionen sind Fixpunkte in einer sich ständig verändernden Welt. Sagt man. Sie geben Halt und Sicherheit. Sagt man. Vielleicht wollte ich deshalb dieses Jahr unbedingt an Heiligabend Hering essen: weil 2013 viel zu schnell vorübergerast ist. Weil wir die letzten zwei Jahre Weihnachten in Indien mit Reis und würzigen Gerichten gefeiert haben und mir diesmal nach etwas Traditionellem war. Und weil Hering eben zum Heiligabend gehört. Bei mir. Von Kindheit an.

Matjesfilets

Nicht, dass ich den Hering als Kind gemocht hätte ‒ und mit meiner Abneigung gegen Matjes gehörte ich in unserer Familie zur stärkeren Fraktion. Für deren Mitglieder gab es neben dem Hering „Hausfrauen Art“ in saurer Sahne mit Apfel und Zwiebeln als Alternativprogramm Nudelsalat und Würstchen; ein Zugeständnis an den Weihnachtsfrieden, denn normalerweise wurden bei uns keine Extrawürste gebraten (beziehungsweise gebrüht).

Das Seltsame aber war: Obwohl außer meiner Mutter, meinem Vater (der sich aber ebenso gerne an den Nudelsalat hielt) und einer meiner Schwestern niemand vom Hering aß ‒ geben musste es ihn, darauf bestanden wir. Der Hering war Tradition. Egal wer ihn aß, er gehörte zu Weihnachten wie das Flötenspielen, die Strohsterne am Baum und das Glöckchen, das zur Bescherung rief.

Hering_Senf-Dill-Sauce

Heute feiern wir Weihnachten ohne Baum, Strohsterne und Glöckchen (und nein, ich mute auch niemandem meine Flötenkünste zu). Aber der Hering ruft zumindest die Erinnerung an alle diese Dinge wach. Er ist ein Stück Weihnachten. Zubereitet habe ich ihn diesmal allerdings eher auf die schwedische Art in Senf-Dill-Sauce. Dabei habe ich das Verhältnis von Sauce zu Fisch großzügig in Richtung Sauce austariert, damit die Pellkartoffeln auch rutschen. Diejenigen, bei denen Hering ebenfalls zu den Heiligabendtraditionen gehört, haben ihn längst zubereitet und bringen ihn gleich auf den Tisch. Allen anderen schmeckt er bestimmt auch zu Silvester oder darüber hinaus.

Ich wünsche Euch allen frohe Festtage, mit oder ohne alten Traditionen!

Hering in Senf-Dill-Sauce
Quelle: 
Zubereitungszeit: 
Garzeit: 
Zeitbedarf gesamt: 
Portionen: 2‒3
 
Zutaten
  • 100 g Mayonnaise**
  • 200 g saure Sahne
  • 2 gehäufte TL körniger Senf
  • 2 TL mittelscharfer Senf
  • 1 TL Zucker
  • Salz
  • ½ Bund Dill
  • 200 g Matjesfilets
Anleitung
  1. Mayonnaise, saure Sahne, die beiden Senfsorten und den Zucker miteinander verrühren und die Sauce falls nötig mit Salz abschmecken.
  2. Den Dill von den Stängeln zupfen und fein hacken.
  3. Den Matjes in mundgerechte Stücke schneiden, unter die Sauce heben und mindestens 2 Stunden durchziehen lassen.

**Ich habe schnell eine Portion Mayonnaise mit Milch zusammengerührt; Mayo aus dem Glas geht natürlich auch.

4 Gedanken zu “Heiligabendtraditionen und Hering in Senf-Dill-Sauce

  1. ninive

    Die Erinnerungen an die kulinarischen Traditionen zu Weihnachten während meiner Kindheit sind sehr verschwommen, da war wohl meine Aufmerksamkeit auf Anderes gerichtet. Ich meine aber auch dass es bei uns Heringssalat gab, mit roter Bete- gleich zwei Dinge die ich nicht mochte. Was ich dann tatsächlich aß- ich weiß es wirklich nicht mehr. Jedenfalls freue ich mich von Hering am heiligen Abend zu lesen, und wer weiß vielleicht kommt der ja mal wieder zu Ehren.
    Ich wünsch dir schöne Weihnachten!

  2. Eva

    Bei uns war es lange Zeit die Forelle, aber irgendwie hat sich auch diese letzte „Tradition“ aufgelöst. Nun ist es am wichtigsten, dass wir alle zusammen sitzen und essen und natürlich auch ein Gläschen trinken. Ich habe für die Familie dreierlei Gnocchi bereitet. Hat gut geklappt. Jetzt sitze ich mit dem Rücken zur Gans und genieße die Ruhe vor dem Sturm.
    Liebe Grüße,
    Eva

  3. Chawwa

    Schon interessant, woran sich Erinnerungen manchmal festmachen. Ausgerechnet an einem ungeliebten Gericht hängt dann schon mal das (hoffentlich ansonsten positive) Weihnachtsgefühl der Kinderzeit. Bei mir gibt es etwas Ähnliches, aber anders herum: Ich liebe Königin-Pastetchen, ich mag sie und bereite sie mir gerne zu, obwohl damit die Erinnerung an einen Menschen verbunden ist, zu dem ich eine ganz schwierige Beziehung hatte.

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Wenn sich die Pastetchen mit Erinnerungen an bessere Momente mit dieser Person verknüpfen, dann verstehe ich das sehr gut. Ich glaube, es kommt auf die Gefühle an, die in der erinnerten Situation vorgeherrscht haben. Aber das mit den Erinnerungen ist ja generell ein sehr komplexes Thema.

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