Hascheeknödel mit Sauerkraut. Norddeutsche Annäherung an Österreich

Salami in Scheiben geht bei Kindern immer, so viel glaubte ich gelernt zu haben. Deshalb schrieb ich, als wir neulich Kinderbesuch erwarteten, neben Apfelsaft auch Salami auf den Einkaufszettel. Nun ergab es sich allerdings, dass die junge Dame, der diese Köstlichkeiten zugedacht waren, kurzfristig beschloss, keine Salami mehr zu mögen. Jedenfalls nicht diese. Oder nicht an diesem Wochenende. Oder nicht von einem Teller mit blauem Rand. Wer weiß.

Jedenfalls reiste der Besuch ab, die Wurst aber blieb. Und da weder M. noch ich morgens Salami essen und wir abends in der Regel kochen, statt Brot auf den Tisch zu stellen, sah es ganz so aus, als würde sie es sich als Mitbewohnerin in unserem Kühlschrank bequem machen. Dauerwurst eben.

Hascheeknödel mit Sauerkraut

Dass daraus nichts wurde, ist Österreich und seinen Foodbloggerinnen zu verdanken. Denn beim Begriff „Wurstreste“ klingelte es bei mir. Da hatte ich doch mal was bei der Frau Ziii gelesen! Und davor schon bei der Küchenschabe. Über Hascheeknödel nämlich: Kartoffelknödel aus gegarten Kartoffeln mit einer Fülle aus … tja, über die Fülle scheinen sich die kulinarischen Gelehrten des Nachbarlands zu streiten, aber der Begriff „Geselchtes“ fällt in dem Zusammenhang regelmäßig.

Geselchtes? Gepökelte, geräucherte Fleischwaren, wie mir das österreichische Küchenwörterbuch* bestätigt. (Das bekam ich übrigens zur Hochzeit geschenkt; mutmaßlich zur besseren Verständigung mit meinem halb österreichischen Liebsten. Nur dass der, in Deutschland aufgewachsen, bei Begriffen wie Karfiol, Faschiertes oder Fisolen selbst passen muss.)

Nun ist Salami bekanntlich keine Räucherwurst, und die paar Scheibchen reichten hinten und vorne nicht für eine anständige Knödelfüllung. Aber mein Ehrgeiz (na ja, ehrlich gesagt: eher mein Appetit) war geweckt. Hascheeknödel mussten es sein! Ich wälzte also noch einmal die Rezepte und entschied mich, den Kartoffelteig ungefähr nach den Angaben der Küchenschabe zu machen und die Füllung zumindest in die von Frau Ziii vorgegebene Geschmacksrichtung zu bringen: schön würzig durch Paprika und Knoblauch aus der verwendeten Banata-Wurst.

Hascheeknödel füllen

Was folgte, war eine Annäherung an ein österreichisches Rezept mit norddeutschen Mitteln. Die Banata der Frau Ziii gibt’s hier natürlich nicht, und Wurstabschnitte waren bei den befragten Metzgern ebenfalls Fehlanzeige. Was es hier aber gut und reichlich gibt, ist geräucherte Mettwurst. Und wenn die nicht unter „Geselchtes“ fällt, dann weiß ich es auch nicht! Die Salami, etwas Speck, eine Kalbsbratwurst (wie die da reinfand, weiß ich selbst nicht mehr so genau) dazu, und Paprikapulver sowie Knoblauch gab ich eben separat mit rein. (Letzteren übrigens in Form von confierten Knoblauchzehen, die ich neulich angesichts eines Einkaufsplanungsdesasters mit resultierender Knoblauchschwemme mal gemacht habe, nachdem ich schon seit gefühlten Ewigkeiten im Blog Kleiner Kuriositätenladen davon lese.)

Ohne den original österreichischen Referenzhascheeknödel zu kennen, muss ich sagen: Das Essen wurde richtig, richtig gut. Fluffiger Kartoffelteig, eine würzig-krümelige Füllung, dazu fruchtiges Sauerkraut – die Vorstellung, zu den wurstigen Knödeln auch noch herzhaftes Speckkraut zu servieren, war mir etwas too much gewesen, weshalb ich es kurzerhand ohne Speck und dafür mit Apfelsaft kochte. Der Apfelsaft war übrigens auch so ein Überbleibsel einer Feier mit viel Kinderbesuch, und da wir keinen trinken …

Jedenfalls: großartiges Essen! Zum großen Amüsement von M. seufzte ich noch Stunden später von Zeit zu Zeit selig und flüsterte leise „Hascheeknödel …“ in mich hinein.
Blog-Event CV - Typisch Österreich - Typisch Salzburg (Einsendeschluss 15. Februar 2015)

Und wie sich die Zufälle manchmal so fügen: Kurz nach diesem kulinarisch höchst erfolgreichen Abend wurde als aktuelles Blogevent in Zorras Kochtopf das Thema „Typisch Österreich – typisch Salzburg“ angekündigt; ausgerichtet von den Organisatorinnen des Salzburger Foodbloggercamps Salt and the City, das vom 29. bis 31. Mai 2015 stattfindet. Ich musste mich erst kurz rückversichern, dass Hascheeknödel auch in Salzburg bekannt sind, und erfuhr von Claudia: „Hascheeknödel kommen ursprünglich aus dem Innviertel, das grenzt unmittelbar an den Flachgau, den nördlichsten Bezirk Salzburgs, und in einem offenen Europa sind die Grenzen ja fließend.“ Na dann: Hier kommt meine norddeutsche Annäherung an österreichische Hascheeknödel!

Hascheeknödel mit Sauerkraut
Quelle: 
Zubereitungszeit: 
Garzeit: 
Zeitbedarf gesamt: 
Portionen: 3
 
Zutaten
Für das Sauerkraut:
  • 1 Zwiebel
  • 1 EL Butter
  • 500 g Sauerkraut (bei mir: frisches aus dem Kühlregal)
  • 1 EL Wacholderbeeren
  • 250 ml Apfelsaft
  • Salz, schwarzer Pfeffere
Für den Knödelteig:
  • 370 g mehligkochende Kartoffeln
  • 150 g Mehl (Type 550) plus Mehl zum Verarbeiten
  • 35 g Hartweizengrieß plus Grieß fürs Brett
  • ¼ TL Salz
  • 2 Eier (Größe M)
Für die Knödelfülle:
  • insgesamt 250 g Wurstreste, bei mir:
  • 100 g Mettwurst
  • 80 g Salami
  • 50 g Frühstücksspeck (Bacon)
  • 1 kleine Kalbsbratwurst
  • 5 confierte Knoblauchzehen (ersatzweise 5 Zehen frischen Knoblauch hacken und in etwas Öl anschwitzen)
  • 2½ TL edelsüßes Paprikapulver
Anleitung
  1. Für das Sauerkraut die Zwiebel schälen und würfeln. Die Butter in einem Topf schmelzen, die Zwiebel darin in ca. 5 Min. glasig anschwitzen, das Sauerkraut etwas zerpflücken und zusammen mit den Wacholderbeeren und dem Apfelsaft zugeben. Alles aufkochen, auf niedrigste Stufe stellen und mit aufgelegtem Deckel dünsten lassen, während die Klöße zubereitet werden. Falls nötig, zwischendurch noch etwas Wasser oder Apfelsaft zugießen.
  2. Für den Knödelteig die Kartoffeln abbürsten und in einem Topf mit Dämpfeinsatz in 15–20 Min. gar dämpfen.
  3. In der Zwischenzeit sämtliche Fleischzutaten für die Knödelfülle und die confierten Knoblauchzehen mit dem Messer fein hacken. (Durch den Fleischwolf geben geht auch; ich hatte Angst, dass bei der übersichtlichen Menge die Hälfte im Fleischwolf bleibt. Was nicht geht: Mixer oder Pürierstab, weil dann die Fülle nach dem Garen icht krümelig wird, sagen die Expertinnen.) Die Wurstmasse mit Paprikapulver vermengen, in 9 Portionen aufteilen und zu kleinen Bällchen formen.
  4. Die garen Kartoffeln kurz ausdampfen lassen, pellen und durch die Kartoffelpresse auf die Arbeitsfläche pressen. Mehl, Grieß und Salz daraufgeben und eine Mulde in die Mitte drücken. Die Eier verquirlen und in die Mulde geben. Alle Zutaten mithilfe einer Teigkarte (oder mit den Händen) vom Rand her zu einem Teig verarbeiten, der zwar weich ist, aber nicht mehr so stark klebt. Gegebenenfalls mehr Mehl zugeben. Den Teig in 9 Portionen aufteilen.
  5. In einem weiten Topf reichlich Wasser aufkochen. Ein Brett mit Grieß bestreuen. Die erste Teigportion zur Kugel formen, flach drücken, ein Fleischbällchen daraufsetzen, den Teig darüber verschließen und den Knödel rund formen. Den fertigen Knödel auf das Brett setzen und die übrigen ebenso formen.
  6. Sobald alle fertig sind, die Knödel ins Wasser geben und ca. 15 Minuten in leicht siedendem Wasser gar ziehen lassen. Mit einem Schaumlöffel herausnehmen und mit dem Sauerkraut servieren.

Hascheeknödel mit Sauerkraut

Kanntet ihr eigentlich Hascheeknödel (bei mir sind sie ja erst durch Bloglektüre am kulinarischen Horizont aufgetaucht). Und was macht ihr eigentlich so mit Wurstresten?

16 Gedanken zu “Hascheeknödel mit Sauerkraut. Norddeutsche Annäherung an Österreich

  1. Eva

    Mhmmmm…. Die stehen auch schon ewig auf meiner Liste. :-) Ich habe bislang nur Grammerlknödel zuwege gebracht, die waren aber auch äußerst köstlich.
    Liebe Grüße,
    Eva

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Große Empfehlung! Umgekehrt schleiche ich auch schon länger um die Grammelknödel herum. Aber die brauchen ja noch länger mit dem langen Speckauslassen … Gebloggt hast Du die aber nicht, oder?

  2. ninive

    Ja mit Kindern ist das Leben immer spannend und unvorhersehbar- und wenn dann so was Feines rauskommt….
    Da ich mit Knödeln auf Kriegsfuß stehe…. hab ich natürlich auch diese Köstlichkeit noch nie versucht. Sollte ich mich vielleicht mal dranwagen?

  3. Heide

    Hallo Sabine,
    das freut mich ja, dass Du das Büchlein brauchen kannst. Es war ja sozusagen auch als „Fachbuch“ gedacht.
    herzliche Grüße,
    Heide

  4. Renée

    Also ich persönlich bin eigentlich kein Knödelfan, aber das wurde echt lecker angerichtet…. ich überlege gerade nach Feierabend da noch etwas auszuprobieren ;) gebookmarkt ist das Rezept jetzt aber erstmal auf jeden Fall.

    PS: im Rezept (bei schwarzen Pfeffer) hast einen kleinen Tippfehler drin :)

  5. Georg Schmidt

    Wow vielen Dank für das Rezept für Hascheeknödel mit Sauerkraut. Hat richtig toll geschmeckt und meine Freundin konnte ich damit auch überzeugen.
    Tolle Rezepte die man hier findet.

    Viel Erfolg weiterhin.

    Grüße Georg

  6. Christopher

    Sehr gut geschriebener Text! Gefällt mir genauso gut wie das Rezept selbst ;-)
    Werde das mal an meine Mutter weiterleiten. Meine Eltern sind seit jeher große Österreich-Fans. Ich hoffe, dass es das Gericht beim nächsten Besuch dann zum Probieren gibt…
    Gruß, Christopher

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert