Mayonnaise ohne Ei (und ohne Glas, aber ungefähr genauso bequem)
Früher hatte ich im Sommer eigentlich immer ein Glas Mayonnaise im Kühlschrank stehen: für Nudel- und Kartoffelsalate (ja, ich komme aus der Mayo-Kartoffelsalat-Hälfte von Deutschland), als Basis für schnelle Sößchen zum (eher seltenen) Steakgrillen oder Artischockenzupfen oder Gemüse-so-Reindippen. Aus dem Glas lässt sich das weiße Zeug halt schnell und einfach löffeln. Mayonnaise selbst machen war etwas, das ich von zu Hause nicht kannte und das mir deshalb kompliziert vorkam – es war mir die Mühe nicht wert.
Als ich dann in die kulinarische Ausprobierphase kam, misslang mir ausgerechnet mein allererster Mayonnaisenversuch so gründlich, dass ich auf Jahre die Finger davon ließ. Zum Glück hielt dann doch die selbst gerührte Version irgendwann Einzug bei uns: Einer der wenigen Bereiche, für den ich M. kampflos das Küchenfeld überließ, waren sämtliche auf- und abgeschlagenen Saucen. Er wurde also zum Mayonnaise-Beauftragten und rührte und schlug, was das Zeug hielt. Aber auch wenn ich Bizeps bei Männern durchaus attraktiv finde: Den Aufwand trieb auch er nur, wenn es um etwas Besonderes ging. Ansonsten wurde das Glas geöffnet.
Auch nicht das Gelbe vom Ei
Nun hat Mayo aus dem Glas neben dem unleugbaren Bequemlichkeitsvorteil mindestens zwei entscheidende Nachteile: Bei der aus konventioneller Herstellung wandern genau die Eier rein, die ich im Laden niemals kaufen würde – die aus billigster Produktion, also der mit den geringstmöglichen Tierwohlstandards. Und auch bei Bio-Mayonnaise sind das bestimmt nicht die Eier fröhlich gackernder und auf idyllischen Höfen herumscharrender Hühner, sondern die aus Bio-Großbetrieben. Nachteil Nummer zwei: So ein Mayonnaiseglas ist schwer, und sein Transport verbraucht Sprit.
Selbermachen spukte mir also immer schon als die bessere Wahl im Hinterkopf herum. Aber Mayorezepte sind leider nicht so ohne Weiteres auf die jeweils benötigten Kleinstmengen skalierbar, denn pro Ei gehört eine bestimmte Menge Öl rein. Sonst wird die Mischung nicht steif. Und dann hat man die Mayonnaise im Kühlschrank stehen, und weil rohes Ei drin ist, traut man sich nicht, sie länger als einen Tag aufzuheben. Im Sommer schon gar nicht.
Und dann habe ich irgendwann entdeckt, dass man für Mayonnaise überhaupt kein Ei braucht. Und auch keine Muskelkraft. Und dass sie geradezu lächerlich einfach herzustellen ist, wenn man einen Pürierstab besitzt. Jetzt ist die weiße Sauce eine Sache von 30 Sekunden (na gut, einer Minute, wenn man den Pürierstab erst noch aus der Schublade nehmen und zusammenstecken muss), und sie hält sich im Kühlschrank mindestens so lange wie Milch. Denn Milch ist der Grundstoff, aus dem in diesem Fall die Mayoträume sind. Warum das funktioniert, erklärt Robert auf Lamiacucina mit solidem chemischem Wissen.
Mayonnaise ohne Ei: So geht’s
50 ml kalte Milch
1/2 TL Senf
100 ml neutral schmeckendes Öl
Salz, Pfeffer, Zucker, guter Weißweinessig zum Abschmecken
Die Milch in einem hohen Rührbecher mit dem Senf verrühren. Das Öl zugeben und die Mischung mit dem Pürierstab mixen, bis sie fest wird – das dauert nur Sekunden. Die fertige Mayonnaise mit Salz, Pfeffer, 1 Prise Zucker und Essig abschmecken. Gleich weiterverarbeiten oder zur späteren Verwendung in den Kühlschrank stellen. Das war’s. Wirklich einfach, oder?
Ein paar Anmerkungen dazu:
1. Die Grundformel ist also 1 Teil Milch und 2 bis 3 Teile Öl. Die absolute Menge kann beliebig variiert werden – die Grenze nach unten ist nur durch die minimale Füllstandshöhe vorgegeben, die noch von dem Drehmesserchen des Pürierstabs bearbeitet werden kann. Bei 1 Teelöffel Milch und 2 Teelöffeln Öl wird das wohl schwierig.
2. Die Konsistenz dieser Mayo ist cremig. Je mehr Öl dazukommt, desto fester wird sie. 1 Teil Milch auf 3 Teile Öl ergibt eine stichfeste Mayo.
3. Das Ergebnis dieser Mixerei schmeckt noch recht neutral. Das ist von mir durchaus so gewollt, weil ich die Mayo ja als Grundzutat zum Weiterverarbeiten in alle möglichen Dressings und Sößchen brauche, die ich ihrerseits würzen will. Wer direkt eine würzige Mayonnaise haben möchte, kann zum Abschmecken zusätzlich noch Zitronensaft, (durchgepressten) Knoblauch und Kräutlein benutzen. Andererseits ist es dann eigentlich schon keine Mayonnaise mehr.
4. Die Ölfrage: Robert erklärt es in dem oben verlinkten Artikel: Olivenöl extra vergine hat ein Problem mit dem Mixer bzw. Pürierstab. Die wirbelnden Messerchen setzen Bitterstoffe frei, die sonst von Fettsäuren schützend ummantelt werden, und die Mayonnaise wird bitter (das gilt übrigens genauso für Pesto mit gutem Olivenöl, das man im Mixer herstellt, wie Nicole auf Delicious Days erklärt). Ich benutze daher immer ein neutral schmeckendes Raps- oder Sonnenblumenöl, aber mildere oder raffinierte Olivenöle gehen wohl auch.
- Ich als Bananenretterin
- Die Schön-dass-du-wieder-da-bist-Suppe: Kohlrabisuppe mit Kräutern
Das ist ja ein toller Tipp! Als Süddeutsche habe ich ein zwiespältiges Verhältnis zu Mayonnaise (vor allem im Kartoffelsalat) – dieses Rezept ist wie geschaffen für eine vorsichtige Annäherung. Danke Sabine!
Oh, aber Mayo gehört doch eigentlich auch in Grüne Sauce, nur mal so zum Beispiel (zwar nur aus unserer Hamburger Perspektive wirklich süddeutsch, aber sei’s drum). Und Aioli ist zumindest eine sehr enge Verwandte, und wenn die nicht südlich-sonnenverwöhnt ist … Gründe gibt’s genug, mal den Pürierstab rauszuholen. Muss ja nicht gleich der Majonäsenkartoffelsalat sein! ;-)
„…und freitags Fisch“ – Grund genug, zu (selbstgemachten!) Fischstäbchen mal selbstgerührte Remoulade ohne Ei zu versuchen. Zumal der Hersteller meines Pürierstabs das beim mitgelieferten Zubehör unterstützt mit einem stabschmalen Deckelbehältnis in Singlegröße! Das Grundrezept Mayonäse überzeugte mich total – sowohl vom Aspekt der Vorratshaltung her als vom Zeitaufwand und last but not least vom Geschmack. Nach ein paar Stunden Kühlschrankaufenthalt wirkte die stichfeste Mayonäse nicht mehr ganz so cremig wie unmittelbar nach der Zubereitung, war mir aber egal, weil ich für die Remoulade sowieso nochmal Joghurt zufüge (und natürlich sonstiges Leckeres nach Vorratslage). Also: prima Rezept, hängt jetzt an der Kühlschranktür, falls ich bis zur nächsten Lust auf Mayonäse das einfache Rezept vergessen haben sollte.
Danke, Sabine, für diesen Supertipp!
Hallo Chawwa,
freut mich, dass das Rezept (kann man das überhaupt so nennen? Ist ja eher eine Zubereitungsmethode) Anklang findet! Und leichte Remoulade zu selbst gemachten Fischstäbchen – klingt lecker …
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Keine frischen Eier im Haus und im Supermarkt gibt’s _nicht_ _ein_ Ei — alles ausverkauft (staun). Zum Glück fiel mir ein, dass Du mal Mayo auf Milchbasis erwähnt hattest… So war gerade Premiere der Milch-Mayo, es hat gut geklappt und die Mayo wurde sehr steif. Ich habe Vollmilch direkt aus dem Kühlschrank verwendet und mit meinem simplen Pürierstab gemixt. Irgendwo habe ich dann noch gelesen, dass es durchaus eine Rolle spielt, was für einen Mixstab man verwendet (Drehzahl). Wer weiss…
Jedenfalls Danke für’s Teilen.
Freut mich, dass Dich die Methode auch überzeugt hat! Ich mache meine Mayo inzwischen nur noch so.
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