Einfach, aber wirkungsvoll: Marinierte Orangen
Ja, ich komme Jahre zu spät. Warum ich Marcella Hazans Rezept für marinierte Orangen trotzdem poste, obwohl das Robert schon vor elf Jahren auf Lamiacucina getan hat? Obwohl viele, viele andere Blogger*innen in den Folgejahren (unter dem Rezeptnamen „mazerierte Orangen“) nachgezogen haben? Zum Beispiel Petra auf Chili & Ciabatta, Claudia auf Fool for Food, noch vor wenigen Jahren Michaela auf Grain de Sel. Warum also jetzt ich?
Einfach: Weil diese marinierten Orangen einfach so gut sind, dass ich das Rezept auf einen Klick auf meinem Blog haben möchte. Denn neben vielem anderen hat das für mich ja auch die Funktion eines Kochtagebuchs, einer Erinnerungsstütze für besonders unverzichtbare Rezepte, quasi der Nachfolger meiner alten Karteikartensammelbox mit den wichtigsten Rezepten, die ich mir aus der entsprechenden Sammelbox meiner Mutter abgeschrieben habe, damals, als ich von zu Hause auszog. Andere Geschichte.
Jedenfalls ist jetzt Orangensaison, vor allem Blutorangensaison, also der richtige – nein: der einzige! – Zeitraum, um dieses Dessert zu machen. Das klingt supersimpel: Orangen werden einfach (als Scheiben oder Filets) 24 Stunden in eine Mischung aus Orangensaft, Zucker und Zitronenschale eingelegt. Unspektakulär? Könnte man meinen. Dabei entwickelt sich aber ein so großartiges Aroma, sozusagen die Potenzierung des Orangengeschmacks, dass das Ganze jederzeit als edles Dessert eines edlen Menüs mitspielen kann.
Ich habe das Originalrezept (aus Marcella Hazans Die klassische italienische Küche*) übrigens etwas an meine Blutorangenpassion angepasst. Die liebe ich nicht nur wegen des ganz leicht herben Geschmacks, sondern auch wegen ihrer Farbe. Denn was dem Pawlowschen Hund sein Glöckchen, das ist mir die Farbe Rot: löst einen sofortigen Haben-wollen-Reflex aus. Und das liegt daran, dass wir zu Hause vier Geschwister waren, die unsere Eltern der besseren Organisation wegen farbcodiert haben. Möglicherweise hatte ich als Älteste bei „meiner“ Farbe sogar ein Wahlrecht, jedenfalls erinnere ich mich, dass ich schon im Kindergarten am liebsten mit den roten Wachsstiften gemalt habe. Jedenfalls hat sich mir tief eingeprägt, dass alles, was rot ist, für mich ist: die rote Zahnbürste, der rote Kleiderhaken, an Weihnachten die Geschenke mit dem roten Bändchen. Und noch heute laufe ich in einem Laden zuverlässig sofort auf die roten Klamotten, die roten Bonbons, die roten Möbel zu. Und im Januar und Februar ziehen mich eben die Blutorangen und Granatäpfel magisch an.
- 5 Blutorangen
- 1 normale Orange
- 1 Bio-Zitrone
- 3 EL Zucker
- Vier der Blutorangen mit einem scharfen Messer bis ins Fruchtfleisch hinein schälen. Die Früchte nun entweder in Scheiben schneiden (dabei Kerne entfernen) oder die Filets zwischen den Trennhäutchen herausschneiden. Den Saft in beiden Fällen auffangen. Die Orangenscheiben oder -filets in eine flache Form oder ein anderes Behältnis geben (ich habe ein Einmachglas genommen).
- Die letzte Blutorange und die normale Orange auspressen. Die Zitrone heiß abwaschen, die Schale fein abreiben und die Hälfte der Zitrone ebenfalls auspressen. Zitronen- und Orangensaft mit Zitronenschale und Zucker mischen und über die Orangenscheiben oder -filets gießen. Alles abgedeckt 24 Stunden im Kühlschrank marinieren lassen.
- Am nächsten Tag die Früchte mit dem Saft servieren.
Marcella Hazans Rezept sieht nur zwei Blutorangen und vier normale vor; ausgepresst werden die normalen Orangen.
PS: Ich habe das Rezept hier als „marinierte Orangen“ bezeichnet, nicht als „mazerierte Orangen“, wie es sonst überall zu lesen ist. Mazerieren heißt, Farb- oder Aromastoffe durch Einlegen in eine Flüssigkeit herauszulösen. Für Liköre kann man beispielsweise Früchte in Alkohol mazerieren. Aber meinem Verständnis nach ist das, was hier passiert, etwas anderes. Man versucht ja gar nicht, die Aromen der Früchte in die Flüssigkeit übergehen zu lassen – im Gegenteil, man gibt ja sogar zusätzliche Aromen (Zitronenschale) in die Flüssigkeit (den Saft), um damit die Früchte (oder das Gesamtensemble aus Früchten und Saft) noch aromatischer zu machen. Und das ist meines Erachtens keine Mazeration, sondern erfüllt den Tatbestand des guten, alten Marinierens. Aber ich lasse mich auch gerne vom Gegenteil überzeugen.
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Ich habe damit 2010 meinen Joghurt aromatisiert. Echt erstaunlich, was das an Aromasteigerung bringt.
Das kann ich mir vorstellen! (Das Schlimme ist: bei uns ist bisher überhaupt nie ein Fitzelchen übrig geblieben, das man in Joghurt hätte rühren können!)
Wie schön, dass du das Rezept wieder in Erinnerung ruft, es gibt Köstlichkeiten, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen… wäre übrigens ein Beitrag zu Micha’s DUBB, schau doch mal….
http://salzkorn.blogspot.ch/2014/12/dubb-event-linzertorte.html
:-) Michas Event verstehe ich allerdings so, dass es um Rezepte geht, die das eigene Blog als Ausgangspunkt für die Runde durch die Blogosphäre genommen haben – und nicht solche, die man einfach mal schlappe elf Jahre später verbloggt als alle anderen. Trotzdem danke für den Hinweis! Ich muss doch gleich mal in mich gehen, ob da nicht was anderes infrage kommt …
und es gibt ja Menschen die vor 10 Jahren noch nicht in der Blogosphäre unterwegs waren… ich gaub ich muß nochmal schnell in die Küche verschwinden!
Umso besser! Dann freue ich mich, wenn ich Dich angestupst habe. :-)
Das Rezept klingt sehr gut! Leider bekommt man Blutorangen nur für eine realativ kurze Zeit (ca. Nov. – März). Kann man die marinierten Orangen auf Vorrat produzieren? Falls ja, wie lange halten sie sich z.B. gekühlt?
Klar, die Blutorangensaison ist kurz – aber jetzt! Ich fürchte, besonders lange lässt sich die Sache nicht aufheben, etwa drei Tage im Kühlschrank, für mehr würde ich meine Hände nicht ins Feuer legen. Hier wird ja nichts erhitzt. Man könnte das natürlich einkochen, aber dann zerfallen wahrscheinlich die Orangenfilets, und was das mit dem Aroma macht, weiß ich nicht. Insofern: ein saisonaler Genuss, den man sich genau jetzt gönnen sollte. :-)
Du wirst lachen, das Rezept ist bei mir auch noch in der Warteschleife, allerdings konnte ich es einfach noch nicht verbloggen ;-) Es kommt also noch, vermutlich 13 Jahre nach Robert! Aber egal, gute Dinge dürfen nicht in Vergessenheit geraten, deshalb ist es wichtig, immer wieder daran zu erinnern. So seh ich das. Nur trau ich mich jetzt fast nicht mehr, sie „mazeriert“ zu nennen ;-)))
Alles Liebe!
Es gibt ja Rezepte, die einfach nicht unmodern werden. Und Du hast recht: Man darf an das Gute durchaus immer wieder erinnern.
Ich mache mein Schokoladendessert dazu. 1/l Sahne darin eine Tafel Blockschokolade auflösen und über Nacht in den Kühlschrank. Am anderen Tag wie Sahne aufschlagen.
Zur Beerenzeit sehr gut mit einer Beerenmischung. Jetzt im November sehr gut mit Blutorangen . Danke für das Rezept