Fünf Sommer bis zum Lieblings-Beerenkuchen
Juchhe, ich hab’s endlich getan! Nämlich den Kuchen gebacken, den ich seit fünf Jahren jedes einzelne Jahr zur Beerenzeit backen will. Vier Jahre lang habe ich mir vorgenommen, es dieses Mal aber wirklich zu schaffen. Vier Jahre lang sah ich Him-, Brom- und Johannisbeeren auf den Märkten auftauchen, und während ich mich noch über die exorbitanten Preise für die heimischen Sommerfrüchte wunderte, war die Saison auch schon wieder vorbei.
In diesem Jahr bin ich zum Obststand gegangen, habe souverän an den Preisschildern vorbeigeguckt und einfach Schälchen um Schälchen einpacken lassen. Die Beerenzeit ist übrigens die einzige Zeit im Jahr, zu der mich kurz und heftig der Wunsch nach einem eigenen Garten überfällt, denn wenn man Beeren kaufen muss, die im Garten pflückbereit an den Sträuchern hängen … Puh. Andererseits: Andere legen sich Blattgold aufs Gebäck.
Warum ich ausgerechnet diesen Kuchen unbedingt backen wollte? Dazu muss ich einen kleinen Umweg über das Thema Fleisch machen.
2011 habe ich an einem Buch mitgearbeitet, das inzwischen vergriffen ist: Fleisch. Ein wertvolles Lebensmittel bewusst genießen. Meine Aufgabe war damals nicht nur das Lektorat, sondern ich sollte auch eine Reportage über artgerechte Tierhaltung und eine über solides Metzgerhandwerk beisteuern. Für den Tierhaltungstext habe ich damals zwei Biohöfe besucht, und zu einem der beiden, Hof Eggers in den Hamburger Vierlanden, bin ich einige Wochen später noch einmal mit der Fotografin Julia Hoersch gefahren.
An den Nachmittag damals erinnere ich mich sehr gerne zurück. Zum einen, weil ich so beeindruckt war, mit welchem Einsatz sich Julia der Rinderherde zu Füßen warf (in der Buchvorschau bei Amazon, wo der Buchlink hinführt, sind einige der großartigen Tierfotos dieses Tages zu sehen). Zum anderen hatte ich ein Aha-Erlebnis, als wir uns irgendwann Pause gönnten und Julia Kuchen auspackte. Beerenkuchen. Genau gesagt: Beeren-Cappuccino-Kuchen. Denn am Tag vorher, erzählte sie, hatte sie eine Blechkuchen-Strecke für die essen & trinken fotografiert, und der Kuchen stammte aus dieser Produktion. Mir bescherte er in einer sonnigen Pause vor einem norddeutschen, reetgedeckten Bauernhaus die Erkenntnis, dass die herbe Säure von Beeren ganz wunderbar mit dem Aroma von Kaffee zusammenpasst.
Nach diesem Nachmittag wartete ich ungeduldig auf die Ausgabe von essen & trinken mit dem Rezept (das übrigens von Anne Haupt stammt), denn diesen Kuchen, den wollte ich unbedingt sofort nachbacken. Aus dem „sofort“ wurden fünf Jahre. Vier Jahre lang legte ich jeden Sommer hoffnungsfroh das essen-&-trinken-Heft in die Küche, nur um es im September wieder in seinen Zeitschriftenschuber zurückzuräumen. Inzwischen öffnet es sich schon von selbst bei dem Kuchenrezept.
Ein Gutes hat die Sache wenigstens: Weil ich fünf Jahre gebraucht habe, erkläre ich diesen Kuchen zum Jubiläumskuchen und reiche ihn bei dem Event „Give me five!“ ein, das Petra von Obers trifft Sahne zu ihrem fünften Bloggeburtstag veranstaltet. Gefragt sind dafür Rezepte, in denen irgendwie die Zahl fünf eine Rolle spielt. Übrigens erfülle ich mit diesem Kuchen das Kriterium gleich doppelt, denn abweichend vom Originalrezept habe ich fünferlei Beeren verbacken: schwarze Johannis-, Blau-, Stachel-, Him- und Brom-. Und damit herzlichen Glückwunsch zum Blogjubiläum!
Übrigens fand ich den Kuchen, als ich nun den ersten Bissen in den Mund gabelte, genauso lecker wie in meiner Erinnerung. Die Schmandschicht ist bei mir zwar ein bisschen dünn geraten (beim nächsten Mal würde ich die Menge dafür verdoppeln), aber der Teig ist so saftig, dass das nichts ausmacht. Und die Beeren passen immer noch genauso wunderbar zum Kaffee. Ein tolles Rezept! Wenn ihr also einen Garten habt (oder über den Sommer den Garten der Nachbarn gießen sollt und dafür dort ernten dürft), dann macht euch ans Beerenpflücken und backt diesen Kuchen. Und ihr anderen, gebt ihm auch eine Chance! Besser als Blattgold schmecken die Beeren allemal.
- 400 g Himbeeren
- 400 g Brombeeren
- 400 g Heidelbeeren
- (bei mir: je 250 g Him-, Brom-, schwarze Johannis-, Stachel- und Blaubeeren)
- 4 EL lösliches Espressopulver (bei mir: lösliches Kaffeepulver, entkoffeiniert)
- 250 g weiche Butter
- 180 g Zucker
- 1 Prise Salz
- 5 Eier (Größe M, zimmerwarm)
- 400 g Weizenmehl (Type 405)
- 50 g Speisestärke
- 3½ TL Backpulver
- 7 EL Kaffeelikör (bei mir: durch Wasser ersetzt)
- 1 Vanilleschote (bei mir: ½ TL gemahlene Bourbonvanille)
- 3 Eier (Größe M)
- 400 g Schmand
- 100 ml Milch
- 2 EL Speisestärke
- 25 g Puderzucker
- 1 Glas Himbeerkonfitüre (300 g, ohne Stücke; bei mir: 150 g)
- Butter für das Blech
- Für den Belag die Beeren verlesen, nur falls nötig in stehendem Wasser waschen und gut abtropfen lassen. Je 120 g (bei mir: ein gutes Drittel der Gesamtmenge) für die Dekoration kalt stellen.
- Den Backofen auf 200 °C vorheizen (Umluft: 180 °C). Ein tiefes Blech bzw. eine Fettpfanne einfetten (ggf. einen Backrahmen benutzen; 30 x 40 cm).
- Für den Teig das Espresso- bzw. Kaffeepulver in 100 ml kochendem Wasser auflösen und abkühlen lassen. Weiche Butter, Zucker und Salz mit den Quirlen der Küchenmaschine mind. 5 Minuten sehr cremig rühren. Die Eier einzeln gründlich unterrühren. Mehl, Stärke und Backpulver gemischt sieben und abwechselnd mit dem Espresso/Kaffee und Kaffeelikör (oder Wasser) unterrühren, bis alles knapp vermischt ist. Nicht zu lange rühren, damit der Teig nicht zäh wird.
- Den Teig auf dem Blech oder der Fettpfanne glatt streichen und die Beeren darauf verteilen. Den Kuchen im heißen Ofen auf der 2. Schiene von unten 25 Minuten backen.
- In der Zwischenzeit für den Guss die Vanilleschote längs aufschlitzen und das Mark herauskratzen. Das Vanillemark (oder gemahlene Vanille) mit Eiern, Schmand, Milch, Stärke und Puderzucker verquirlen.
- Den Kuchen aus dem Ofen nehmen, die Schmandmischung daraufgießen und den Kuchen weitere 10–12 Minuten backen, bis die Schmandschicht fest geworden ist. Den Kuchen herausnehmen und auskühlen lassen.
- Für die Dekoration die Konfitüre erhitzen, glatt rühren und mit den kalt gerührten Beeren mischen. Alles auf dem Kuchen verteilen.
- Elfmal essbare Elbe
- Kalte Rote-Bete-Suppe: Der kleine Baltikum-Urlaub
Das habe ich mir umgehend abgespeichert. Einige der Beeren kommen ja noch zur Reife im Garten und ich denke, er schmeckt auch mit 3 verschiedenen Sorten. danke für den Beitrag und das schöne Rezept.
Was lange währt, wird gut. Der Kuchen gefällt mir. Kaffee und Beeren, tolle Kombi! Habe leider auch Niemandem, bei dem ich Beeren pflücken könnte, aber zumindest Blaubeeren und Schwarze Johannisbeeren kann ich (wenn mir niemand zuvor kommt) wild pflücken. Mal sehen wie viele Jahre es dauert, bis ich zum Nachbacken schreite …
den Kuchen stelle ich mir sehr gut vor… den mache ich!
mit gekauften Beeren… was soll´s ;-)
bei uns ist auch die gemischte Beeren-Tiefkühlware gut, das kaufe ich fallweise.
Der Bauernhof nahe von Hamburg sieht wunderschön und romantisch aus, diese reetgedeckten alten Häuser haben einen ganz besonderen Charme!
Genau, „was soll’s“ habe ich mir ja im Endeffekt auch gedacht. Die Beerenzeit ist so kurz, da kann man sie auch nach Kräften genießen. Viel Spaß mit dem Kuchen!
Der sieht aber auch gut aus! Das Beerenproblem lässt sich bei mir zumindest teileweise umgehen. Gegen ein Stückchen vom fertigen Kuchen darf ich durchaus mal bei meinen Eltern im heimischen Garten die Obststräucher plündern gehen… ;-)
Liebe Grüße, Tring
Das ist glaube ich der schönste Rezeptartikel, den ich jemals las. Danke dafür, ich hatte so viel Spaß in meiner jetzt-schon-wieder-vorbei-Kaffeepause (ohne Kuchen) … Und das Rezept speichere ich mir. Ich habe, tadaaa!, noch Beeren hier, die ich extra für „mal sehen, es gibt doch jetzt bestimmt tausende toller Beerenkuchenrezepte“ gekauft habe. Et voilà. Hurra!
Hurra, schon Beeren da! :-) Da bist du mir voraus … Danke fürs Artikellob! Errötend ab: Sabine
Liebe Sabine, eben bin ich auf einen alten Kommentar (2013!) zu einem Schwarz-Johannisbeer-Mousse bei mir im Blog gestoßen, der erwähnt, dass du diesen Kuchen backen willst. Neugierig habe ich jetzt (!) nachgeforscht und hab ihn mir natürlich gleich für die nächste Beeren-Saison gespeichert. Meinst du, ich schaff das 2018? ;-) Danke für den Anstubser!
Hihi, ich bin jedenfalls gespannt und werde die Augen offen halten! :-)