Brotaufstrich des Monats: Schabziger-Aufstrich
Was passiert, wenn man wild entschlossen ist, in diesem Jahr auf dem winzigen Balkon endlich mal ernstzunehmende Urban-Gardening-Aktivitäten zu starten (statt wie in den Jahren davor nach der Primel-Erstbepflanzung im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr in die Pötte zu kommen), und wenn einem dann ein Tütchen mit einer Kollektion von Kräutersamen in die Hände fällt? Na klar, man sät einfach alles aus, was irgendwie Platz findet.
Das Ergebnis: ein Topf mit Klee. Genauer: Schabzigerklee, der einen Hauch von Feldrand auf meinen durch und durch städtischen Balkon brachte. Nur dass ich nicht die geringste Ahnung hatte, wie ich ihn verwenden sollte. Als Brotgewürz, sagte das Samentütchen – allerdings bin ich gerade so gar nicht in Brotbackstimmung. Immer noch ahnungslos, erntete ich den jungen Klee erst einmal ab, bevor wir für eine Woche wegfuhren – ich hatte Angst, die Blättchen könnten trotz nachbarlicher Hilfs- und Gießbereitschaft in warmem Wetter allzu schnell schlappmachen. Außerdem waren sich alle zu Rate gezogenen Quellen im Internet und sonstwo einig, dass Schabzigerklee getrocknet verwendet wird.
Erstaunliche Geschmacks- und Geruchsmetamorphose
Die Sorge um das Wetter hätte ich mir sparen können – die Sonne hielt sich dankenswerterweise mit uns zusammen in Südschweden auf. Der Klee hatte bereits wieder nachgetrieben, als wir nach Hause kamen. Und aus den getrockneten Blättchen der ersten Ernte stieg ein Duft auf, bei dem mir sofort klar wurde, wohin das Kräutlein gehört: nicht ins Brot, sondern aufs Brot.
Kennt Ihr auch von früher diese hellgrünen, knallharten Käsekegel zum Reiben? Robert von Lamiacucina hat dem Schabzigerkäse vor einiger Zeit mal einen Blogartikel gewidmet – mein erstes Wiedersehen mit einem fast vergessenen Abendbrotbelag. Das Wiederriechen musste bis jetzt warten, als ich meine Nase in den getrockneten Klee steckte. Damit hatte ich nicht gerechnet, denn die frischen Blättchen schmeckten etwas säuerlich und ansonsten hauptsächlich nach … Wiese. Getrocknet dagegen sind sie würzig, erinnern entfernt an Bockshornklee (der es ja auch immer öfter in Käse schafft), aber vor allem an die feinen Späne des grünen Käsekegels von damals, die einfach aufs Butter- oder Quarkbrot gestreut wurden.
Aufs Brot damit!
Das schrie geradezu nach einem Brotaufstrich-Rezept! Und halt – bevor ihr wegklickt, weil ihr nicht im Balkonbepflanzungswahn Klee ausgesät habt: Schabzigerklee gibt es getrocknet auch zu kaufen, im Reformhaus zum Beispiel. Daher steht einem Nachbau dieses super-ober-einfachen Rezepts wirklich nichts im Wege. Und einen Nachbau kann ich euch nur sehr ans Herz legen. Der Aufstrich hat eine tolle streichfähige Konsistenz, und selbst M., dem nun wirklich niemand eine besondere Parteilichkeit für Tofu unterstellen könnte, quittierte den Probebissen mit der Bemerkung: „Wow, schön würzig!“
Was stimmt. Ich persönlich finde, dass die leichte Säure des Tofus perfekt zu dem kräutrigen Aroma passt (klar, mit Quark schmeckt’s ja auch). Die Hefeflocken habe ich zugegeben, um den Geschmack abzurunden, man kann sie aber sicher auch weglassen. Ich bin gespannt, wie euch der Aufstrich schmeckt. Weckt der Duft von Schabzigerklee bei euch auch Kindheitserinnerungen?
- 1 EL getrocknete Schabzigerkleeblätter (oder ½ TL Schabzigerkleepulver)
- 100 g Tofu
- 1 TL Hefeflocken
- 1 EL neutral schmeckendes Öl (ich bilde mir ein, dass es zur cremigeren Konsistenz beiträgt. Kann man aber bestimmt auch weglassen)
- Salz, Pfeffer
- Die getrockneten Schabzigerkleeblätter in einem Mörser zu Pulver zerreiben. Den Tofu in einer Schüssel mit einer Gabel zerdrücken. Das Schabzigerkleepulver, die Hefeflocken und das Öl gut untermischen.
- Den Aufstrich mit Salz und Pfeffer abschmecken.
- Deutsche Heimwehküche in Schweden
- Juhu zum Wochenende: Seelenfutter kommt!
So, Version 2 dieses Artikels – danke an alle, die mich auf den Bug aufmerksam gemacht haben! Und eine Entschuldigung an alle, die jetzt den Feed doppelt bekommen haben.
mhhh, das klingt absolut lecker – dieses Kräuter war mir bislang völlig unbekannt. Ich werde mich dann also mal auf die Suche machen, wo ich Samen dazu finde und bin gespannt, ob und wie das Ganze auf der heimischen Terrasse Wurzeln schlägt. Ganz besonders klasse finde ich die Tofu-Grundlage – Tofu ist ja ein ziemlich unterschätztes Lebensmittel – auch da kommt es, frei nach dem gängigen Werbespruch, darauf an, was man draus macht ;-)
Endlich habe ich auch den Schabziger Aufstrich auf Tofugrundlage probiert. Weil ich Tofu eigentlich nicht so sehr schätze, bildete diese Variante das Ende einer Versuchsreihe mit dem pulverisiertem Schabzigerklee, den ich beim Gewürzhändler meines Vertrauens auf dem Wochenmarkt gekauft habe. Dabei schon das erste Debakel: Ein EL Schabzigerkleepulver auf die angegebene Menge „Basis“ war entschieden zu viel – grässlich bitter! Ich hatte anfangs Hüttenkäse als Grundmasse genommen, weil ich davon nicht mehr genug hatte, habe ich mit Frischkäse „aufgefüllt“, bis die Masse essbar war. Nach einer Nacht im Kühlschrank schmeckte mir der endlich nicht mehr so bittere Aufstrich schon sehr gut, war aber – wie soll ich sagen – etwas massiv. Deswegen jetzt also der Versuch mit Tofu, nachdem ich im Biosupermarkt eine 200g-Packung gefunden habe, die einem Ein-Personen-Haushalt bei bisher leichter Tofu-Distanz gemäßer ist. Und, was soll ich sagen: Ich bin begeistert! Würzig und leicht, absolut lecker! Wann gibt es den nächsten leichten Brotaufstrich? Gern auch auf Tofugrundlage…..
Oh, danke für den Hinweis, Chawwa! Ich sehe jetzt, dass ich das im Rezept missverständlich formuliert habe. Ist schon geändert! Klar, ein Esslöffel Schabzigerkleepulver wäre ja viel zu viel. Gemeint war 1 EL getrocknetes Kraut, also mit viel Luft dazwischen. Gemörsert gab das maximal 1/2 TL Pulver. Ich ändere gleich das Rezept noch mal ab. Freut mich aber trotzdem, dass ich dich zum Tofu bekehren konnte. Tjajaja, immer wieder ein Löffelchen probieren, siehe hier: Safran-Linguine mit Dicken Bohnen! ;-)
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