Earl-Grey-Trüffel

Earl-Grey-TrüffelManchmal ist es eine gute Idee, ein Trotzdem über ein Eigentlich siegen zu lassen. In meinem Fall waren es gleich zwei Eigentlich. Das erste: Eigentlich mag ich die Kombination von Schokolade mit fruchtigen Aromen gar nicht. Die Konfitürenschicht in der Sachertorte kann mir gestohlen bleiben, und Schokolade mit seltsamen Mango- oder Kirsch-Chili- oder gar Zitronenfüllungen geht an meinem persönlichen Geschmack total vorbei.

Das zweite: Eigentlich mag ich keinen aromatisierten Tee. Alle zehn Jahre (ja, ich glaube, das kommt ungefähr hin) trinke ich aus rein nostalgischen Gründen mal wieder eine Tasse Mangotee und erinnere mich bei dem Geschmack an die endlosen Tee- und Quatschstunden, die meine beste Freundin und ich zwischen vierzehn und siebzehn in meinem oder ihrem Zimmer verbracht haben. Aber nach einer solchen Nostalgietasse ist es dann auch wieder gut. Ansonsten kommt mir aromatisierter Tee nicht in die Kanne. Eigentlich. Denn beim Earl Grey mache ich eine Ausnahme.

Tja, und trotzdem steht plötzlich ein Teller mit Trüffeln vor mir, in denen sich aromatisierter Tee (Earl Grey nämlich) mit Schokolade verbindet. So ganz weiß ich tatsächlich nicht, was da in mich gefahren ist, außer dass ich gerade ohnehin dabei war, mit allen möglichen Trüffelsorten herumzuspielen. Aber ich muss sagen, das Ergebnis dieser spontanen Überwindung diverser Eigentlich finde ich großartig: herb und süß und zitrusfrisch und schokoladig gleichzeitig. Und es schmeckt bestens zu einer Tasse nicht aromatisiertem Tee, in meinem Fall zu einem Yünnan.

halbierter Earl-Grey-Trüffel

Die Basis für Schokoladentrüffel, also die Ganache, kann ja außerordentlich simpel sein: Schokolade und Sahne im Verhältnis 2:1 vorsichtig schmelzen, abkühlen lassen, fertig. Ich hatte allerdings Sorge, dass zu viel dunkle Schokolade meine mit Tee aromatisierte Sahne übertönen könnte, und habe daher einen Teil der Schokolade durch Kakaobutter ersetzt (und M. froh gemacht, dass dieses Überbleibsel irgendwelcher Kochpläne endlich mal aus dem Kühlschrank raus ist). Kakaobutter gibt es inzwischen in vielen Bioläden ‒ offenbar haben gewisse Kochstars der veganen Küche ein besonderes Faible für diese Zutat.

Wenn ich allerdings die Trüffel so probiere, dann ist der Bergamottegeschmack aus dem Earl-Grey-Tee so intensiv, dass ich fast glaube, er hätte sich auch gegen den Schokoladenanteil einer normalen Grundrezept-Ganache durchsetzen können.

Übrigens habe ich bei dieser Aktion festgestellt, dass nichts in der Küche so simpel ist, dass man es nicht auch verderben könnte. Noch nicht mal Ganache. Wer nämlich nur unkonzentriert genug zwischen mehreren Rezepten und sonstigen Aufgaben hin- und herspringt und Sahne und Schokolade beim Schmelzen sich selbst und der zu großen Hitze der Herdplatte überlässt, der wird unter Umständen damit belohnt, dass sich die Masse trennt und die Kakaobutter austritt (das gilt auch für Ganache, bei der man wirklich nur Sahne und Schokolade, aber keine pure Kakaobutter zugegeben hat).

Nach Pannenhilfetipps im Internet habe ich natürlich erst gesucht, nachdem die ganze Bescherung wieder fest geworden war. Davor war ich zu sehr mit Hin- und Herspringen beschäftigt. Sonst hätte ich die warme Masse wohl mit dem Pürierstab oder dem Handrührgerät durchgemixt, und vielleicht hätte sich dabei alles wieder fein verbunden. So aber stand der Topf mit der misslungenen Ganache einfach in der Küche … und wurde innerhalb von zwei Tagen auf wundersame Weise immer leerer. Unseren Zweimonatsbedarf an Schokolade hätten wir damit zum Glück gerade noch rechtzeitig vor der Fastenzeit gedeckt.

Ach ja, die Fastenzeit! Ich muss zugeben, hier im karnevalsfernen Norden ist mir dieser Umstand gerade erst wieder eingefallen. Hmm, kein idealer Zeitpunkt, um ein Pralinenrezept zu verbloggen. Aber was soll’s: Vorfreude ist ja auch was. Und diese Trüffel taugen perfekt, um Ostern neben einer festlichen Tasse Tee zu liegen.

Earl-Grey-Trüffel
Quelle: 
Zubereitungszeit: 
Garzeit: 
Zeitbedarf gesamt: 
 
Zutaten
  • ca. 140 ml Sahne
  • 1 EL Earl-Grey-Teeblätter
  • 30 g Puderzucker
  • 100 g Bitterschokolade (mindestens 70 % Kakaoanteil)
  • 70 g Kakaobutter
Zum Wälzen:
  • 1 TL Earl-Grey-Teeblätter
  • 1 EL Puderzucker
Anleitung
  1. Die Sahne mit dem Tee einmal aufkochen und 10 Minuten ziehen lassen. Die Sahne durch ein Sieb in einen kleinen Topf abgießen, die Teeblätter gut ausdrücken und wegwerfen.
  2. Den Puderzucker in der Sahne auflösen. Die Schokolade in Stücke brechen und mit der Kakaobutter zur Sahne geben. Die Mischung bei schwacher Hitze unter Rühren schmelzen, dabei nicht zu heiß werden lassen. Sobald alles geschmolzen ist, die Ganache mindestens 3 Stunden bei Zimmertemperatur fest werden lassen.
  3. Von der abgekühlten Ganache mit einem Teelöffel Nocken abstechen und zwischen den Handflächen zu Kugeln formen.
  4. Den Tee zum Wälzen in einem Mörser pulverisieren und mit dem gesiebten Puderzucker mischen. Die Trüffel darin wälzen.
Anmerkungen
Ergibt ca. 25 Stück.
Anmerkung zur Sahnemenge: Ich habe den Tee in 100 ml Sahne ziehen lassen. Nach dem Absieben blieben bei mir 60 ml Flüssigkeit übrig (den Rest hatten die Teeblätter aufgenommen), die ich wieder mit Sahne auf 100 ml aufgefüllt habe. Beim nächsten Mal würde ich den Tee gleich in einer etwas größeren Sahnemenge ziehen lassen, und so habe ich es im Rezept jetzt auch angegeben.

 

 

 

Stichworte: ,

9 Gedanken zu “Earl-Grey-Trüffel

  1. ninive

    Es gibt auch Menschen die sich während der nächsten Wochen über derlei freuen… wie ich zum Beispiel, Tee und Schokolade, eine geniale Kombination.
    Heute las ich von einem tatsächlichen sinnvollen Verzicht- nämlich auf Plastik, zumindest Plastiktüten und Verpackungen, das ist für einmal etwas das mich anspricht und Sinn macht.

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Plastiktütenfasten finde ich gut. Mir gefällt aber auch die diesjährige „Sieben Wochen ohne“-Aktion der Evangelischen Kirche: Selber denken! Sieben Wochen ohne falsche Gewissheiten. DAS ist eine echte Herausforderung, finde ich.

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Stimmt – an der Stelle haben Teebeutel mal die Nase vorn! Berichte mal, wie viele Teebeutel Du zum Aromatisieren der Sahne genommen hast und wie das Ergebnis war. Das interessiert mich.

  2. Marie

    wie witzig, ich dachte ich bin allein auf weiter Flur beim Meckern über Marmeladenschichten auf Torten und Plätzchen. Aber Earl Grey trinke ich sehr, sehr gerne, erinnert mich immer an ein tolles Open Air, auf dem wir Earl Grey mit massenhaft Milch und Zucker auf dem Campingkocher gekocht haben.
    Das Trüffel Rezept klingt toll, das muss ich unbedingt probieren! Hab noch nie Pralinen gemacht, es aber schon länger im Kopf. Das Rezept wird ein heißer Anwärter für die erste Charge ;-) Danke!

    1. Sabine Schlimm Artikel Autor

      Es geht doch nichts über die Erinnerungen, die mit bestimmten Geschmäckern verknüpft sind! Earl Grey und Festival, Mangotee und Freundinnennachmittage. ;-) Das hier ist übrigens wirklich ein gutes Einsteigerrezept in die Pralinenküche, da ziemlich unkompliziert. Hauptsache, die Sahne wird nicht zu heiß!

  3. Das Mädel vom Land

    Jetzt musste ich aber lachen. Genau dasselbe ich mir auch vor kurzem passiert – Schokolade und Schlagobers gemeinsam in den Topf, viel zu große Hitze – und dann die Misere … Ich hab die Ganache übrigens auch mit dem Mixer nicht mehr reparieren können…. Schönes Rezept! Ich glaub, das wären Pralinen, die mir auch gelingen würden :-)
    Liebe Grüße vom Mädel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert